Was war da, altes Haus?

Das Savio ist nicht immer eine Bar gewesen.

Das Haus, in dem das Savio residiert, ist eines der schönsten in ganz Mattersburg. Klein, verwinkelt, liebevoll restauriert. Es erzählt eine hoch interessante, aber auch grausame Geschichte. Dieses Haus ist nämlich eines von nur zwei verbliebenen Gebäuden des alten, ehrwürdigen Stettls, in dem jahrhundertlang orthodoxe Juden zu Hause waren. Die Hauptstraße des Stettls war die bis heute so heißende Judengasse.

Das traditionelle Leben gab es hier bis 1938. In diesem unglückseligen Jahr, in dem Österreich im Nazireich verschwand, wurden 500 Mattersburger und Mattersburgerinnen vertrieben. Von heute auf morgen.

Auch Cäcilie Kohn musste packen. Sie war die Hausherrin in diesem Gebäude, das einst die Adresse Königstraße 41 getragen hat. Hier arbeitete die Druckerei Kohn, die Cäcilie nach dem Tod ihres Mannes Josef gemeinsam mit ihrem Schwiegersohn, Josef Figdor, leitete.

Die Kohns waren gläubige Juden. In ihrem Haus hatten sie auch den Talmudverein beherbergt. Der hatte, mehr noch als anderswo, eine besonders hehre Aufgabe. Immerhin gab es in Mattersburg, das bis 1924 Mattersdorf hieß, eine weithin gerühmte Talmudschule, eine Jeschiwa, um die es sich zu kümmern galt. Die Jeschiwa, die Studenten aus ganz Europa besuchten, stand an der Wulka. Dort, wo heute der Samuel-Ehrenfeld-Weg beginnt.

Samuel Ehrenfeld war der letzte Rabbiner in Mattersburg. Auch er wurde vertrieben. Floh über den Atlantik, sammelte die Mattersdorfer in New York um sich. Nach der Gründung des Staates Israel zog er mit ihnen in Heilige Land und gründete, am nördlichen Rand von Jerusalem, das Kirjat Mattersdorf.

Die Jeschiwa Mattersdorf steht heute also in Jerusalem. Und wird geleitet von Oberrabbiner Isaak Ehrenfeld, dem Enkel des Samuel.

(Text von Wolfgang Weisgram)

Der Verein „Wir erinnern – Begegnungen mit dem jüdischen Mattersburg“ wirkt dem Vergessen entgegen. Die Gründungsidee war, die in Mattersburg lebenden und wirkenden Juden und ihre jüdische Lebenswelt nicht in Vergessenheit geraten zu lassen.